ACRAZE: „Ich kann nicht glauben, dass das hier jetzt mein Leben ist”

ACRAZE im exklusiven DJ Mag Germany Interview

Hi Charlie, lass uns doch direkt über deine neue Single „Believe“ reden, die du gerade erst veröffentlicht hast. Erzähl uns doch mal ein wenig darüber, wie die Nummer entstanden ist.

ACRAZE: Weißt du, was lustig ist? Ich habe den Song früher schon so oft gehört, aber nie darüber nachgedacht, dass ich daraus mal etwas machen könnte. Und dann habe ich Goodboys im April eine Nachricht geschrieben und gesagt: „Hey, lasst weiter an einem gemeinsamen Song arbeiten“ und dann haben sie mir diese super simple Idee zugeschickt. An ihr habe ich dann drei, vier Monate gearbeitet, bevor ich sie wieder zurückgeschickt habe. Die Reaktion darauf war: „Wir lieben es! Oh mein Gott, so crazy.“ Und ja, ich liebe den auch echt sehr. Ich war den Sommer nur unterwegs – und bei so vielen Shows war es schwer für mich, überhaupt etwas fertig zu bekommen. Aber wir haben es geschafft.

Wir haben gesehen, dass du „Believe“ bereits seit Juli auf Festivals gespielt hast. Wie war das für dich? Immerhin ist es die nächste Nummer nach deinem Welthit „Do It To It“?

ACRAZE: Wir haben so viele Records und dieser ist mir wirklich am meisten aufgefallen und ich habe mich sehr stark dafür eingesetzt, dass genau dieser Song als Nächstes veröffentlicht wird. Einfach, weil ich emotional so sehr daran hänge und das ganze Gefühl hinter dem Song. Dazu kommt noch der ganze Hype hinter „Do It To It“ – das fühlt sich für mich einfach wie ein Wunder an. Und ja, wegen all dem ist er der perfekte Song für mich und ich bin wirklich sehr glücklich damit.

Hattest du das Gefühl, unter Druck zu stehen?

ACRAZE: Oh ja! Da ist immer ganz viel Druck, wenn du einen großen Song veröffentlichst. Ich habe das bei vielen anderen DJs beobachten können. Du wirst immer unter Druck stehen und deshalb musst du definitiv wissen, wie du damit umgehst. Das ist der größte Schlüssel: Entweder du lässt dich durch den Druck ausbremsen oder du nutzt ihn für dich.

Wie Weihnachten: ACRAZE berichtet von seiner Erfolgswelle

Apropos „Do It To It“: Hättest du jemals gedacht, dass der Song so erfolgreich wird? Eine halbe Milliarde Streams auf Spotify, mehrmals Gold und Platin. Das ist verrückt!

ACRAZE: Das habe ich niemals erwartet, niemals. Ich meine, niemand kann so etwas wissen. Du veröffentlichst einen Song und denkst dir, dass der groß werden könnte, aber ich hätte einfach nicht damit gerechnet. Die Art und Weise, wie der Erfolg kam, war wie das nicht gewünschte Weihnachtsgeschenk. Man bekommt an Weihnachten von einem Familienmitglied ein Geschenk überreicht und denkt sich: „Oh, ich habe gar nicht gedacht, dass ich das überhaupt benötige, aber ich liebe es!“ Ich bin einfach glücklich, dass alles so gekommen ist.

Und wann genau wurde dir bewusst, dass sich dein Leben durch den Song komplett verändern wird?

ACRAZE: Der Moment, als ich realisiert habe, dass sich mein Leben verändern wird, war, als der Song in die Billboard Charts in den USA eingestiegen ist. Er ist immer höher und höher aufgestiegen – Woche für Woche. Die eine Woche war er noch auf Platz 36, die nächste Woche auf der 26, dann schon auf Platz 11, dann auf der 5 und da dachte ich nur: „Oh mein Gott, ich stehe kurz davor einen Nummer 1 Hit zu haben – das ist so verrückt!“ Das war der Moment, als mir klar geworden ist, dass sich etwas verändern wird.

ACRAZE: „Es gibt keinen Grund vor TikTok Angst zu haben“

Dann gab es auch sehr große Namen in der EDM-Szene, die deinen Song gespielt haben, die dann auch einen Remix machen wollten. Darunter zum Beispiel Tiësto.

ACRAZE: Ja, mein Label hatte mich damals darüber benachrichtigt. Sie haben mich angerufen und gesagt: „Hey, wir haben Neuigkeiten für dich. Tiësto möchte deinen Song remixen.“ Und ich nur: „Niemals, nie im Leben! Zeigt mir die Mail! Ihr lügt doch!“ Also haben sie mir die Mail gesendet und ich nur: „Holy crap, das ist krass.“

Ja, das ist echt der Wahnsinn, aber es ist auch einfach ein sehr guter Song und alle feiern ihn. Selbst diejenigen, die normalerweise eher keine House-Musik hören.

ACRAZE: Genau das ist es, was ich liebe und was mein Ziel ist: Jemanden, der eigentlich keine House-Musik hört, dazu bekommen, sie zu mögen.

TikTok ist ja voll von Videos zu „Do It To It“.

ACRAZE: Weißt du, es heißt, dass jede Art der Werbung, Werbung ist. Aber ich war anfangs noch sehr zurückhaltend, weil ich nicht als „TikTok-DJ“ abgestempelt werden wollte. Aber ich habe mittlerweile einfach so viel Fans über TikTok erreicht. Sie alle kommen jetzt zu meinen Shows und das nur, wegen TikTok. Das ist einfach ein anderer Weg, um Fans zu bekommen. Es gibt keinen Grund, vor TikTok Angst zu haben.

Viele bringen den Track auch in den Zusammenhang mit dem Squid Game Mashup von Zedd. Hast du die Serie eigentlich geschaut? Wie findest du sie und was verbindet deinen Song mit der Serie?

ACRAZE: Ich habe sie an einem Tag angeschaut. Und ich finde es echt cool, wie die Sounds zusammenpassen. Sie hören sich fast gleich an. Ich erinnere mich noch daran, als ich „Do It To It“ releast habe, „Squid Game“ etwas später veröffentlicht wurde und Leute plötzlich angefangen haben, Mashups zu machen. Und dann kam da noch Zedd aus dem Nichts. Es war unbeschreiblich. Er hat ein Masterpiece daraus gezaubert und es dann beim EDC Las Vegas gespielt. Vorher schrieb er mir das noch auf Instagram, dass er ihn dort als Set-Opener einsetzen würde. Das war übrigens das erste Mal, dass wir miteinander Kontakt hatten. Die Videos von der Show waren heftig!

Mit vielen Absagen gekämpft: So lief ACRAZEs Karriere vor „Do It To It“

Wie wichtig ist es dir, dass dich deine Familie zu Shows begleitet? Wir haben auf Instagram ein sehr lustiges Video von deinem Dad gesehen. Hat er die guten Dance Moves eigentlich von dir oder hast du sie von ihm gelernt?

ACRAZE: Keine Ahnung, wo er die herhat (lacht). Ich denke, dass es echt etwas Besonderes ist, dass meine Eltern jetzt zu meinen Shows kommen. Ich habe sie schon lange gefragt, ob sie mich mal begleiten wollen, aber ich war jetzt oft außerhalb der USA. Sie haben mich dann in Tampa, Florida, überrascht. Ich hatte da eine Show, nur circa eine Stunde von meinem Wohnort entfernt. Und mein Dad war einfach so gut gelaunt! Am Anfang hat er noch gesagt hatte, dass er vollkommen entspannt sei, aber dann war er auf einmal angetrunken und ist komplett ausgeflippt. Er hatte einfach Spaß und meine Fans fragen jetzt auch immer, wann er wieder zu einer Show kommen wird. Ich nehme ihn auf jeden Fall mit zum EDC in Orlando.

Wie cool! Viel Spaß euch. Kommen wir aber noch zu einem anderen Thema. Du hast unter einem Instagram-Post geschrieben: „When no one else believed in me, I believed in myself“. Wirklich eine sehr gute Message. Gab es Leute, die zuerst nicht an deine Karriere als DJ geglaubt haben?

ACRAZE: Oh ja. Ich erinnere mich noch daran, wie wir vor längerer Zeit versucht haben, eine Booking-Agentur zu finden. Ungefähr drei Monate vor dem „Do It To It“-Release. Ich habe den Song an Leute geschickt, die sich nicht einmal zurückgemeldet haben. Andere haben gesagt: „Oh, der ist ganz cool, aber wir müssen leider passen.“ Als der Song dann immer mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, haben sich die Leute plötzlich ganz anders verhalten. Aber mein Manager und ich haben uns schon immer gesagt, dass wir einander vertrauen können, was übrigens das wichtigste ist. Wenn du dir ein Team aufbaust, in dem sich alle vertrauen können und aneinander glauben, dann ist das alles, was zählt.

Genau, wenn du an dich glaubst und ein paar Leute um dich hast, die das auch tun, dann ist das sehr viel wert.

ACRAZE: Genau: „Believe“ – wie der Song! (lacht).

ACRAZE plant Modelinie

Ein weiterer Punkt, der uns bei dir aufgefallen ist, ist definitiv dein ausgezeichneter Modegeschmack und dein auffälliger Look.

ACRAZE: Ich liebe es, Sonnenbrillen zu tragen. Ich trage sie, wenn ich auf der Bühne bin, weil ich dann das Gefühl habe, dass ich niemanden anschauen muss. Und ich bin dann einfach in meiner eigenen Welt. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich dann besser auflege. Aber es gibt auch Momente, in denen ich die Sonnenbrille abnehme und dann versuche ich Augenkontakt herzustellen und mit meinen Fans auf diese Weise zu kommunizieren. Ich liebe Fashion einfach. Ich plane auch in Zukunft eine große Modelinie herauszubringen, die auch auf den Laufstegen und bei Fashionshows zu sehen sein wird.

Wie spannend. Sag mal: Wie lange brauchst du eigentlich morgens im Bad, um dich fertig zu machen? Und wie viel Zeit nimmt davon deine Frisur in Anspruch?

ACRAZE: 10 Minuten für das Outfit und 30 Minuten für die Haare (lacht).

30 Minuten?

ACRAZE: Nein, nein (lacht). Aber ich brauche schon eine Weile. Meine Haare haben eine eigene Wissenschaft. Ich muss da schon ein paar Schritte beachten wie Gel und so weiter.

ACRAZE: „Tomorrrowland ist wie Disney, nur für Erwachsene“

Kommen wir zur letzten Frage: Tomorrowland. Das Festival ist auch eines der Ziele, wenn nicht das „Lifegoal“ vieler DJs. Wir waren übrigens auch auf dem Tomorrowland dieses Jahr und haben dein Set live gesehen – es war magisch!

ACRAZE: Danke! Tomorrowland war so gigantisch, so besonders. Wir wurden über das ganze Festivalgelände geführt, um zu sehen, wie dort alles bis ins kleinste Detail geplant ist: sogar die Mülleimer! Es hatte fast ein wenig was von Disney – aber eben für Erwachsene. Schon ziemlich cool. Ich habe einfach jede Sekunde dort geliebt. Auf dem Tomorrowland zu spielen, war mein Traum. Ich erinnere mich noch daran, wie ich mir immer die Tomorrowland Live-Sets angeschaut habe, als ich angefangen habe Musik zu machen. Ich habe mir immer gesagt, dass ich dort unbedingt einmal spielen will. 

Und wie war es insgesamt so viele bemerkenswerte Shows gespielt zu haben? Hast du das alles schon so richtig realisiert?

ACRAZE: Ja, es war einfach der Wahnsinn. In Amsterdam auf der Sensation zu spielen, Teil der „DJ Snake & Friends“-Show gewesen zu sein. Es gab wirklich so viele tolle Shows. Jeden Morgen, wenn ich aufwache, kann ich nicht glauben, dass das hier jetzt mein Leben ist. Das ist alles, was ich mir jemals erträumt habe.

Das war jetzt wirklich ein toller letzter Satz für das Interview. Danke ACRAZE.

Fotocredits: Thomas Jimenez