Topic im Interview: „Ich dachte wirklich ganz naiv, man drückt einfach Play“

Topic im Interview: „Ich dachte wirklich ganz naiv, man drückt einfach Play“

Next Level: Topic gibt am Freitag sein Mainstage-Debüt beim Tomorrowland! Wer ihm diesen Gig schon 2015 prophezeit hat und warum Ausschlafen für Topic heute der größte Luxus überhaupt ist, hat er ClaudiOnAir exklusiv im DJ Mag Germany Interview erzählt!

Topic im DJ Mag Germany Interview

Hi Topic! Schön, dich endlich mal wieder Face-2-Face zu treffen. Vor fast genau sechs Jahren hast du mir ‘ne SMS geschrieben von deiner privaten Handynummer und meintest „Boa Claudi, geiles Interview gestern auf dem Festival, aber…“

Topic: Neeeein! Ich weiß genau, was jetzt kommt: „….aber kannst du das bitte mit dem Jägermeister rausschneiden?“ (lacht). Ich wusste es! 

„Kannst du das bitte mit dem Jägermeister rausschneiden!?“ (lacht) daher gleich mal die erste Frage: Jägermeister – immer noch dein favorite Partydrink!?  

Topic: Bis März war es tatsächlich immer noch mein favorite Drink, aber ich bin jetzt umgestiegen, weil ich mehr Sport mache, mehr auf die Ernährung achte. Ständig Jägermeister-Fanta, Jägermeister-Orange oder Energy – da trinkt man einfach zu viel Zucker und Quatsch. Deswegen bin ich umgestiegen auf ganz wenig trinken und wenn dann nur Wodka mit Wasser. Man wird alt.

Weniger Jägermeister – mehr Hits! Du hast in den vergangenen zweieinhalb Jahren echt abgeliefert: „Breaking Me“, „Your Love (9PM)“, „In Your Arms (For an Angel)“ – die sind quasi alle „Made in Solingen“, oder? Produzierst du dort noch in deinem Studio oder mittlerweile eher in Dubai mit A7S?

Topic: Tatsächlich haben wir in Dubai schon sehr viele Songs gemacht. In der Coronazeit sind wir dort hingegangen und ja, wir sind auch schon vorher immer ins Ausland geflogen, weil das war halt einfach irgendwie cool. Weil ich dann aus meinem Trott raus bin, er aus seinem gewohnten Umfeld raus ist und da ist man einfach ein, zwei Wochen in einem Airbnb, mit Laptop, Boxen, Keyboard und Mikrofon – so sind eigentlich alle Songs von uns entstanden die letzten Jahre.

Ich weiß ja, dass du eine ziemliche Niete bist, wenn es ums Handwerkliche geht. 

Topic: Oh ja.

Wenn du jetzt eine goldene Schallplatte oder so etwas aufhängen willst, wen rufst du dann an? Wer hängt die auf? 

Topic: Meine Freundin und mein Schwiegervater (lacht). Die haben sich einen ganzen Abend Zeit genommen, alles genau abgemessen und haben da schön alles aufgehängt. Wenn ich Single wäre, dann würden die wahrscheinlich einfach alle in der Ecke stehen (lacht).

Wie oft bist du denn überhaupt noch in Solingen?

Topic: Aufs Jahr gesehen vielleicht einmal im Monat. Kommt hin. Meine Mutter wohnt eben dort, die besuche ich dann immer gerne noch einmal und ein paar Freunde.

Topic

Du hast mich vor ein paar Jahren mal eingeladen, bei einer Songwriting Session von dir dabei zu sein. Damals hast du im Jahr irgendwie 30 Songs geschrieben, davon wurden aber nur zwei veröffentlicht. Wie ist das heute?

Topic: Teilweise jetzt noch krasser. Mit A7S habe ich bestimmt schon – wenn ich jetzt alle Demos mitrechne – so 150 bis 200 Songs gemacht in den letzten drei Jahren und wie viele haben wir davon veröffentlicht? Drei? Ne, vier.

Geil. Also kommen noch 200? 

Topic: Vielleicht (lacht). 

Ich mein, andere Produzenten warten ihr Leben lang auf diesen einen Hit, den jeder kennt, der einmal um die Welt geht. Du hattest das jetzt nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach. Du legst dieses Wochenende beim Tomorrowland auf der Mainstage auf – die Bucketlist müsste mal so langsam abgehakt sein, oder?  

Topic: Ja, das ist echt verrückt! Ich hab mir immer gewünscht, einen Song zu haben, der über 100 Millionen Streams hat. Das war immer so ein Ziel, das find ich halt krass – und man braucht ja irgendwie Ziele, ne? Auch wenn das jetzt vielleicht doof ist, Zahlen als Ziele zu haben, aber „Breaking Me“ wird dieses Jahr auf Spotify die Milliarde knacken. Das ist halt einfach so krass! Ich möchte mir jetzt keinen Druck machen so nach dem Motto „Ich will jetzt unbedingt „Breaking Me“ toppen“ oder so. Wenn man mal guckt, wie viele Dance-Tracks in den letzten Jahren erfolgreicher waren als „Breaking Me“ – das kannst du an einer Hand abzählen! Selbst Zedd, Kygo und Martin Garrix haben nicht am laufenden Band Hits, die größer sind als „Breaking Me“ und deswegen ist das vielleicht das größte Ding, was ich in meinem Leben geschafft habe und man sollte einfach happy sein und das feiern, weiter Musik machen, die Spaß macht und sich jetzt nicht so von der Szene den Kopf f*** lassen (lacht). Das gibt es halt so oft, dass Labels zu einem anderen Management sagen „Der war ja nur ein One-Hit-Wonder blabla“, das kenn ich auch schon alles von „Home“: 2016 einen Hit gehabt, dann funktionieren zwei Sachen mal nicht und dann findet dich plötzlich wieder jeder doof. Deswegen man…ey, ich mach mich da jetzt nicht mehr so verrückt, ich bin happy, weil „Breaking Me“ zehnmal so groß ist wie mein Ziel und ja, wie du schon meintest „Your Love (9PM)“ ist auch fünf-, sechsmal so groß geworden und ein, zwei andere Songs haben das Ziel jetzt auch schon erreicht, theoretisch. Deswegen all good. 

Und auf dem Parookaville und dem Tomorrowland aufzulegen – eigentlich geht es ja nicht krasser gerade, oder?

Topic: Nee, stimmt. Wir drehen auch gerade mit Tomorrowland eine Doku zusammen mit Dagi Bee. Wir waren 2015 auf dem Tomorrowland und sie hat damals gesagt „ja, hier Mainstage – in zwei, drei Jahren spielst du da auch“ und ich meinte zu ihr „nein, niemals“. Für mich war das so weit weg und ja, jetzt ist es so weit. Ich bin unfassbar aufgeregt und excited to be there. Und wie gesagt, wir drehen halt mit Tomorrowland ne Doku, wo wir die Story so ein bisschen erzählen und Dagi kommt dann auch mit. 

Topic auf dem Parookaville

Du warst letztes Wochenende schon auf dem Tomorrowland – ich hab das so ein bisschen auf Insta verfolgt. Leider war das Timing echt übel: Du hattest einen richtig heftigen Migräne-Schub, oder? 

Topic: Ja. Ich hab mit Migräne schon sehr lange zu kämpfen. Als Jugendlicher hatte ich das immer bei Wetterveränderungen. Wenn ich Migräne bekommen hab, wusste ich immer: In ein, zwei Tagen kommt eine krasse Wetterveränderung! Und das war ja auch diesmal so, dann kam plötzlich die Hitzewelle. Aber klar, das war natürlich echt blöd: Drei Stunden vor Set-Time war ich im Auto und plötzlich merk ich halt so „Alter, was geht jetzt ab?“. Ich dachte, ich kipp gleich um und dann war ich halt zwei Stunden richtig platt. Zum Glück konnte ich ein paar Termine verschieben. Interviews, Shuttle und so. Ich hab mich in ein dunkles Zimmer gelegt und eine Stunde gepennt, danach war es zum Glück vorbei. Das wär echt mies gewesen, wenn ich das dann hätte absagen müssen. 

 Wie war der Auftritt dann für dich? Library Stage, oder?

Topic: Ja, die Library Stage war das. Was ich halt so verrückt finde, ist: Wenn ich keinen Bezug zu Sachen oder Künstlern habe, dann finde ich das immer richtig krass. Aber sobald man dann einen Bezug hat und es real wird, merkst du: Ok, das sind auch nur Menschen! Ich will jetzt nicht sagen „das Tomorrowland ist auch nur ein Festival“ – natürlich ist da eine crazy Magie, genau wie auf dem Parookaville – aber dann machst du deinen Stick rein, spielst deine Songs und schaltest irgendwie ab. Ich merk das dann immer erst, wenn ich ins Mikro sage „What’s up Tomorrowland?“, dann denk ich mir „krass Alter, du sagst gerade Whats up Tomorrowland?“ (lacht)

Topic

Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, um mal auf deinen ersten DJ-Gig zurückzuschauen?

Topic: Ja, das ist immer so schwer bei mir zu sagen, welcher jetzt der Erste war.

Der in Hagen vielleicht? 

Du bist immer so krass informiert (lacht). In Hagen wurde ich ja nicht richtig gebucht – das war ein Freund von mir, der hat ne Party gemacht und meinte „Ey, willst du nicht mal auflegen?“ Bei mir war ja damals so, dass ich Musik produziert, aber halt nie aufgelegt hab. Ich konnte es nicht und ich wollte es nicht. Aber dieser Freund meinte so „Du musst jetzt mal auflegen, mach jetzt mal“ und blabla. Und ich Doofkopf hab damals halt gesagt: Ok, das kann ja nicht so schwer sein. Nimmst du einfach deine Songs und schiebst das dann irgendwie Hin und Her, so wie bei Logic beim Produzieren. Dann stand ich in dem Club, spiel den ersten Song – „Wake Me Up“ von Avicii war das – und will irgendwie in den nächsten Song reingehen und ich hab wirklich nicht ein einziges Mal geguckt, wie das geht. Ich dachte wirklich ganz naiv, man drückt einfach Play und dann passt das schon. Was hab ich gemacht? Voll den Übergang verkackt und alle Leute gucken mich komisch an. Ich war damals noch so richtig schüchtern auf der Bühne. Ich hab den DJ vor mir angetippt und gesagt „übernimm mal“ und dann bin einfach gegangen (lacht)

Ich betone nochmal kurz: Das ist viele Jahre her! Heute tourst du durch die USA, Australien – wie war das für dich? Sind die Fans anders in anderen Ländern? 

Topic: Ich finds schwer, das zu – wie sagt man das? Generalization? Generalisierung? Ich fang nochmal an…

Du erinnerst mich gerade so an meinen Bruder. Der lebt in Florida und wenn der hier zu Besuch ist, redet der auch immer so halb Englisch.

Topic: (lacht) Ich find das eigentlich voll schlimm. 

 Also: Sind die Fans anders in anderen Teilen der Welt? 

Topic: Ich finds schwer, so was zu verallgemeinern. Ich hab ja gerade eine Australien-Tour gespielt und hatte voll die großen Erwartungen und dachte „Ey, die Leute gehen bestimmt voll ab“ und dann waren die ersten Gigs aber so richtig schlecht. Die Crowd war lame und ich dachte „Hä? Was geht ab?“. Ich dachte, die Australier sind viel mehr am Start und dann hatte ich noch drei Shows und die waren plötzlich alle richtig krass. Teilweise in den gleichen Städten. Eine Sydney Show war total komisch – die Leute standen halt einfach nur rum und die nächste Sydney Show war richtig krass. So ist das auch in Deutschland: Wenn man zum Beispiel im Bootshaus in Köln spielt oder auf dem Parookaville Festival – da sind die Leute total verrückt. DJs aus dem Ausland, die hierherkommen und im Bootshaus spielen, sagen dann wahrscheinlich „Deutschland ist unfassbar!“. Verallgemeinern würde ich wirklich nur in Ländern wir Polen, Bulgarien, Rumänien und Ungarn…da hatte ich zehn Shows und jedes Mal war das wirklich Abriss pur. So ne richtige Bootshaus Crowd! Aber wirklich egal wo: In Polen hab ich ne Uni-Party gespielt auf dem Campus…wirklich…die Crowd, die sind rumgesprungen, haben jedes Lied mitgesungen. Heftig einfach.

TOPIC

Gibt es irgendwas, was du besonders vermisst, wenn du im Ausland unterwegs bist? 

Topic: Ich glaub am meisten vermisse ich das Ausschlafen. Als ich angefangen habe mit dem Produzieren, hatte ich halt das Privileg, einfach sagen zu können „Ok, du schläfst dann, wann du willst!“ – und ich bin halt ein Nachtmensch. Ich bin oft einfach Schlafen gegangen, ohne den Wecker zu stellen. Auf Tour ist das jetzt halt komplett anders: Pick-Up-Time 4 Uhr morgens, Pick-Up-Time 6 Uhr morgens… das ist schon hart. Vor allem, wenn du bis 2 Uhr spielst und um 6 Uhr Pick-Up ist. Da denkt man sich dann schon: „Ey…das Producer-Life war dann doch irgendwie geiler, wo man einfach mal bis 2 Uhr mittags gepennt hat, wenn man wollte“. 

Fühl ich. Wird aber während der Festival-Saison 2022 bestimmt schwierig mit dem Ausschlafen. Lass uns noch kurz über das DJ Mag Top 100 DJs Voting sprechen, das gerade gestartet ist. Für welchen deiner DJ-Kollegen würdest du abstimmen?  

Topic: Auch wenn es nicht mehr so ganz meine Musik ist, ich feier ihn trotzdem noch unfassbar – Martin Garrix! Dann Paul Kalkbrenner und Boris Brejcha.

Warum?

Topic: Martin Garrix hab ihn noch nie persönlich kennengelernt, aber ich finde, das ist so ein cooler Typ und seine ganze History einfach. Damals, als ich angefangen habe mit Dance Music, war er schon irgendwie mein Vorbild. Auch wenn er fünf, sechs Jahre jünger ist als ich. Deswegen mein ich auch, die Musik ist jetzt nicht mehr so meins, weil ich mich so ein bisschen in eine andere Richtung entwickelt hab. Aber ich finde ihn halt immer noch krass und die Shows sind auch unfassbar. Und was Paul Kalkbrenner und Boris Brejcha angeht: In Deutschland höre ich oft den Satz „Topic, du bist ja jetzt so bei Robin Schulz und Felix Jaehn angekommen…“ dabei denke ich mir „Ey, irgendwie finde ich Paul Kalkbrenner und Boris Brejcha sind auf eine ganz andere Art und Weise aber viel krasser!“ Ich find, was die machen, ist einfach unfassbar. Gerade die Liveshows von denen.

Du könntest es dieses Jahr auch in die DJ Mag Top 100 DJs Liste schaffen. Möchtest du zum Ende des Interviews noch einen Voting-Aufruf starten?

Topic: Klar! DJ Mag Germany – bitte, bitte votet für mich beim DJ Mag Top 100 Voting. Ihr würdet mir einen riesen Gefallen tun und ich wäre euch super dankbar! Es ist so unfassbar viel passiert die letzten Jahre bei mir und ja, ich hab meine Ziele übertroffen. Aber in die DJ Mag Top 100 reinzukommen, das wäre echt noch ein heftiges Ding! 

Fotocredit: Dennis Hardt

Topic auf Tour

Topic tritt am 29. Juli nicht nur auf der Tomorrowland Mainstage auf, der Solinger ist in den kommenden Wochen noch auf vielen weiteren Events zu sehen. Unter anderem bei der Beatparade in Empfingen (30. Juli), beim Havelbeats in Potsdam (6. August), beim Heitere Open Air in der Schweiz (13. August), beim San Hejmo Festival in Weeze (20. August), beim HighLight Summer Club in Dortmund (27. August) sowie beim Ein Tag am Strand in Berlin (3. September). Und am 22. Oktober geht’s für ihn nach Amsterdam zum Amsterdam Music Festival!


Claudia Franzen

Claudia Franzen