Kommentar: Livestreams sollten kostenpflichtig sein!

Kommentar: Livestreams sollten kostenpflichtig sein!

Jüngst hat Facebook bekanntgegeben, dass Künstler zukünftig Geld für Livestreams bekommen sollen. Absolut richtig, findet Redaktionsleiterin Katrin. Schließlich möchte jeder für seine Arbeit entlohnt werden. Ein Kommentar.

Es ist richtig, Gebühren für Livestreams zu erheben!

Wer einen Livestream macht, sollte grundsätzlich dafür bezahlt werden. Vorbereitung, Equipment, Aufwand – das alles kostet Geld. Außerdem ist ein Livestream immer eine Teamleistung. Fast kein Künstler streamt alleine.

Natürlich muss man das immer im Verhältnis sehen. Ein Livestream ist nicht vergleichbar mit einem Konzert oder einem Festival. Die üblichen Preise wie etwa 35-70 Euro (oder mehr) für ein Konzertticket wären also unangebracht. Aber für regelmäßige Streams, also zum Beispiel mit 4,99 Euro für 4 Streams im Monat könnte doch ein Anfang gemacht werden. Das Kölner Bootshaus geht gerade mit gutem Beispiel voran. Sie bieten DJ-Sets, Masterclasses und vieles mehr für eine im Vergleich geringe Gebühr an. Damit wird der Club unterstützt und um es noch deutlicher zu machen: Diese Einnahmen schützen den Club vor dem Aus. Es rettet ihn und seine Mitarbeiter womöglich. Auch, wenn die Einnahmen durch den Stream weiterhin ein Tropfen auf dem heißen Stein sind.

Informationen müssen kostenlos sein – genauso wie Livestreams: Völliger Quatsch!

Mit den Livestreams ist es doch gerade ähnlich wie mit dem Lesen der digitalen Tageszeitung. Eine Menge Menschen nutzen sie, wollen informiert werden, aber nur dann, wenn Artikel kostenfrei zugänglich sind. Seit Jahren versuchen die großen Medienhäuser den sinkenden Abozahlen entgegenzuwirken. Warten teilweise mit richtig guten Onlinekonzepten auf. Doch alles, was ihnen oft entgegengebracht wird, ist Kritik und absolutes Unverständnis. Informationen müssen kostenlos sein, wird da regelmäßig gefordert. Die Erklärungen der Redakteure, dass sie ja auch bezahlt werden wollen und kostenlose Nachrichten einfach unmöglich wären, stoßen auf wenig Verständnis.

Zeitung lesen

Nun ja. Ob Artikel, in denen zum Beispiel vor einer Bombenentschärfung gewarnt wird oder in der jetzigen Situation beschrieben wird, wie man sich die Hände richtig zu waschen hat, wirklich Geld kosten müssen, könnte man überdenken. Aber dennoch: Auch dieser Artikel wurde recherchiert, angelegt, geschrieben, Korrektur gelesen, auf den Social Media-Kanälen gepostet…

Viele DJs stehen vor dem finanziellen Ruin

Um es ganz deutlich zu sagen: Ich spreche an dieser Stelle nicht von Livestreams, die vor Monaten auf den Festivals aufgezeichnet wurden und nun noch einmal gezeigt werden. Ich spreche von allen aufwendigen Livestreams, die gerade hochgezogen werden, um uns, in dieser besonderen Zeit, bei Laune zu halten. Natürlich ist es Werbung für den Künstler, die Veranstaltung und alle, die streamen. Aber nochmal: Es ist auch Arbeit. Vor allem für die Künstler, die gerade gar kein Geld mehr verdienen, die auf Live-Auftritte angewiesen sind, die gerade einfach nicht wissen, wie es weitergehen soll.

Hunderttausende strömen jedes Jahr zu Festivals und Konzerten. Dass einige Künstler, die auf der Bühne stehen, eine fünf- bis sechsstellige Gage bekommen, dürfte den meisten wohl klar sein. Darüber regt sich keiner mehr auf. Es wird irgendwie hingenommen. Würden ebendiese aber Gebühren für ihre Livestreams verlangen, wäre der Schrei groß: Livestreams müssen kostenlos sein. Wie die Tageszeitung. Klar. Das war immer so, also muss das auch immer so bleiben. Ein kaum tragbares Argument.

Wir wollen bespaßt werden – und das sollte Geld kosten!

Ich weiß, dass ich jetzt Birnen mit Äpfeln vergleiche, aber vor der Krise saßen auch Millionen von Menschen jedes Wochenende in den Fußballstadien dieser Welt (auch ich habe mir regelmäßig Spiele meines Lieblingsvereins im Stadion angeschaut) und nun ja, die Preise, die da teilweise erhoben werden, sind auch krass. Und ja, Fußballspieler verdienen auch nicht wenig. Und trotzdem sind wir bereit, dieses Geld zu investieren. Man könnte das noch ewig so weiterdrehen, aber das ist gar nicht meine Absicht. Ich will nur einmal für dieses Thema sensibilisieren.

Kulturelle Einrichtungen supporten!

Ich will darauf aufmerksam machen, dass nicht alles immer schwarz und weiß ist. Wir müssen da einen Mittelweg finden, um unsere Kultur – und damit meine ich nicht nur Musik, sondern auch Kunst, Geschichte, Literatur – am Leben zu erhalten. Auch das Symphonieorchester Berlin macht Livestreams oder das Museum bei mir um die Ecke, das durch die Ausstellung führt und die Bilder quasi online zeigt. Das sind auch Livestreams. Das ist Arbeit. Und das muss entlohnt werden, damit es all diese wunderbaren kulturellen Einrichtungen auch noch nach Corona gibt. 

Wir wollen uns vergnügen. Gerade jetzt. Wir wollen vom Alltag abgelenkt werden. Wir wollen Spaß haben, lachen, tanzen und wir wollen die Festivalsaison irgendwie in unser Wohnzimmer bringen. Beinahe täglich läuft auch hier irgendein anderer Stream meiner Lieblings-DJs und meiner Freunde. Das sind vor allem viele Local-DJs, die mehrmals in der Woche in die Kamera lächeln, richtig gute Sets spielen und die vor allem für verdammt gute Laune sorgen.

Wie steht ihr zu dem Thema? Diskutiert mit uns auf Facebook!

Fotocredit: Unsplash

DJ Mag @ Twitch

Regelmäßig stellen wir euch auf Twitch Gäste aus der deutschen und internationalen EDM-Szene vor, spielen lustige Interview-Spiele zocken mit der Community oder besprechen aktuelle Themen. Trappucino – your Quarantainment – auf twitch.tv/djmagde.


Katrin Fuhrmann

Katrin Fuhrmann