Kommentar: Griessmühle retten, Finanzhaien die Rote Karte zeigen!

Kommentar: Griessmühle retten, Finanzhaien die Rote Karte zeigen!

Kürzlich hat der Berliner Club Griessmühle ein SOS in die Welt gesendet – “We are in danger”. Nach 8 Jahren Erfolgsgeschichte scheint es keine Zukunft mehr für den Szene-Club zu geben. Unser Redakteur Tim ist der Meinung: der Ausverkauf unserer Kulturlandschaft muss gestoppt werden!

Die Griessmühle ist kein Einzelfall

Während das Berghain zum Kulturgut ernannt wird und Dr. Motte einen Feiertag der elektronischen Musik fordert, geht es alleine in Berlin für mindestens 6 akut gefährdete Clubs ums Überleben. Und fast alle eint der Grund für die prekäre Lage: Finanzinvestoren, die schnelles Geld verdienen wollen!

Vor vier Jahren kaufte die SIAG Property II GmbH das Gelände der alten Nudelfabrik nahe der S-Bahnstation Sonnenallee, es folgten streng auf 6 Monate befristete Mietverträge. Nun soll dieser Ende Januar endgültig auslaufen, was konkret bedeutet, dass bis zum 31.01.2020 der komplette Club, das angrenzende Studio, die Kantine und das Bürogebäude geräumt werden müssen – die Jobs von gut 100 Beschäftigten stehen auf dem Spiel.

Und das, obwohl jeder vierte Tourist auch wegen der Clubs nach Berlin kommt. 2018 hat der Clubtourismus insgesamt 1,48 Milliarden Euro Umsatz in die Hauptstadt gespült. Das weiß auch das Team hinter der Griessmühle und hat potenzielle Geldgeber gefunden, die einen Fortbestand für die nächsten sieben bis neuen Jahre sichern würden. Doch der neue Grundstücksbesitzer ist schlichtweg nicht zu erreichen. Schnell formiert sich ein aktiver Widerstand, man versucht Brücken zur Politik zu schlagen und Druck auf die Verantwortlichen auszuüben.

Platt machen im Namen des Profits

Doch was die Investoren aus aller Welt anscheinend vor lauter Dollarzeichen in den Augen nicht sehen ist die Tatsache, dass die auf Menschen jeglicher Herkunft fast magnetisch wirkende Anziehung Berlins massiv auf der vibrierenden Kreativ- und Kulturszene aufbaut. Sie sägen um jeden Preis an dem Ast auf dem sie sitzen und das nur um kurzfristig Kapital zu schlagen. Sie merken nicht, dass sie ihr wertvollstes Verkaufsargument aus der Stadt verdrängen, die Menschen und Institutionen, die vor Ort verwurzelt sind – denn ohne sie steht da nur eine Menge Beton.

Dass dieses spekulative Handeln langfristig Folgen haben könnte, die auch wirtschaftlich den Standort schwächen, kann der österreichischen Immobilien-Investmentgesellschaft der Sparkasse, die hinter der SIAG Property II GmbH steckt, egal sein. Denn bei den Anlegern steht wohl in erster Linie im Vordergrund, sich selbst zu bereichern und nicht die Nachbarschaft. Zumindest nicht so, wie es die Griessmühle in Neukölln getan hat und damit auch dazu beitrug, den Standort für Investoren überhaupt erst interessant zu machen – das sieht übrigens auch die Politik so. Denn die Griessmühle gehört nicht nur als Club zur Hauptstadt, sondern bietet auch Kino, Vintage-Markt, Comedy-Shows und vieles mehr.

Doch vor allem ist die Griessmühle ein schützenswerter Freiraum! Denn in vielen Punkten bietet sie ein Gegenkonstrukt zu unserem Alltag und einen Ort zur persönlichen Entfaltung. Weswegen die Griessmühle nicht zuletzt als einer der LGBTIQ-freundlichsten Clubs der Stadt gilt.

Support Your Locals!

Aber nicht nur in Berlin, wo man mit knapp 280 Clubs gut aufgestellt ist, existiert das Phänomen Clubsterben, sondern deutschlandweit befinden wir uns in einer Krise – wenn nicht sogar global. Die Griessmühle ist leider kein Einzelfall. Während beispielsweise das Harry Klein oder Crux in München und die Distillery in Leipzig auch von der Schließung bedroht sind, fallen im ländlichen Raum oft sogar die einzigen vergleichbaren Freiräume weg. Daher gilt in jedem Fall grundsätzlich: Support Your Local Clubs!

Hier gehts zur Online-Petition der Griessmühle, unterschreiben dauert keine 2 Minuten: Unterschreiben!

Bilder: Griessmühle

Wie gehts weiter?

Bis zum Ende des Monats wird das Programm noch wie gewohnt in der Location an der Sonnenallee fortgesetzt. Man hofft darauf, bis zum tatsächlichen Verkauf des Geländes bzw. bis zum konkreten Baustart den Betrieb aufrecht halten zu können. Die für Februar angekündigten Veranstaltungen sollen nach Möglichkeit stattfinden, teilte uns das Team hinter der Griessmühle mit.


DJ Mag Redaktion

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