Kein Song-Diebstahl: Copyright-Klage gegen Marshmello vom Tisch

Kein Song-Diebstahl: Copyright-Klage gegen Marshmello vom Tisch

Vor etwas weniger als zwei Jahren reichte der russische DJ Arty Klage gegen Marshmello & Bastille ein. Der Grund: „Happier“ sei eine Kopie seines Remixes „I Lived“ für OneRepublic. Nun hat ein Gericht entschieden und die Klage abgewiesen – doch nicht, weil es nicht ähnlich klingt, sondern aus einem ganz anderen Grund.

Der Fall Arty vs. Marshmello

Im Mai 2019 warf Arty seinem Kollegen Marshmello vor, er habe für seinen Song „Happier“ bei ihm abgeschaut. In der Klage behauptet der russische DJ, dass die Reihenfolge von 19 der 20 Noten im Drop identisch zu seinem „I Lived“ Remix für OneRepublic seien. Doch wie sieht das in der Praxis aus?

Rhythmisch unterscheiden sich die beiden Songs im Tempo. Marshmellos Track hat 100 BPM und Artys Remix 128 BPM. Arty wählte als Rhythmus für den Beat ein klassisches 4-to-the-floor, während „Happier“ mehr in Richtung Breakbeat geht. Auch die Tonart unterscheidet sich: F-Dur („Happier“) und D-Dur („I Lived (Arty Remix)“). Wirklich interessant wird es erst, wenn wir zum Kern der damaligen Anklageschrift kommen. Hierzu haben wir die Melodien in einer Piano-Roll für euch eingetragen (Artys Remix in Rot, Marshmellos Song in Schwarz).

Arty vs. Marshmello

Die Parallelen werden hier erstmals richtig deutlich. Beide Rhythmen sind Off-Beat. Wie in der Anklage behauptet, stimmt die Reihenfolge der ersten 19 Noten überein, wenn man die Noten auf die gleiche Tonart transponiert. Rhythmisch ist die zweite Note des jeweiligen Taktes in Marshmellos „Happier“ um eine 16tel-Note nach vorne verschoben. Die Grundidee der Melodie bleibt aber im Wesentlichen gleich. Aber macht euch selbst ein Bild davon. Hört man sich Artys Remix in 0,75facher Geschwindigkeit an, wird es sogar noch deutlicher.

Marshmello gewinnt Rechtsstreit gegen Arty

Vergangene Woche wurde nun endlich das Urteil gesprochen – und Marshmello hat gewonnen. Doch nicht, weil die Songs auf einmal doch so verschieden klingen, sondern weil Arty kein Recht zu klagen hat. Der hat nämlich die Rechte an dem Remix damals abgetreten und erhielt eine Pauschale für seine Arbeit, anstatt irgendwelche Tantiemen. So steht laut Variety folgendes in seinem Vertrag:

„I acknowledge and agree that the services rendered (or to be rendered) by Remixer hereunder do not entitle Remixer or me to any ownership or financial interest in the underlying musical composition.“

Demnach erkennt er an, dass die von ihm erbrachten Leistungen, also das Remixen von „I Lived“, ihm weder ein Recht auf Eigentum noch finanzielle Beteiligung an der zugrunde liegenden musikalischen Komposition einräumen – und das waren auch die Argumente von Marshmellos Seite. Man argumentierte, dass er alle Rechte an seinem Remix abgegeben habe.

Das sah Richter Philip S. Gutierrez ähnlich. Demnach gehe aus den Vertragsbedingungen hervor, dass der Kläger auf „jegliches Eigentum oder finanzielles Interesse“ an der Remix-Komposition verzichtet.

From the terms of the contract it is clear that Plaintiff disclaimed ‘any ownership or financial interest’ in the Remix Composition. As such, Defendants are entitled to summary judgment on Plaintiff’s infringement claims because Plaintiff disclaimed his ownership and financial interests in the Arty Elements.

Arty verliert trotz prominenter Vertretung

Vertreten wurde Arty von keinem Geringeren als Richard Busch, der vor einigen Jahren schon zusammen mit Marvin Gayes Familie gegen Pharrell Williams und Robin Thicke gewinnen konnte. Der Rechtsstreit um das Urheberrecht des Songs „Blurred Lines“ dauerte fünf Jahre und am Ende mussten Pharrell Williams und Robin Thicke rund fünf Millionen Dollar zahlen. Das Gericht befand, dass der Song der US-Musiker zu sehr dem Gaye-Hit „Got To Give Up“ von 1977 ähnele.

Fotocredit: Rudgr

Facts

„Happier“ ist hierzulande einer der erfolgreichsten Songs von Marshmello. Nur „Silence“, „Friends“ schafften es höher in die Charts. Bei Spotify ist die Nummer mit über 1,4 Milliarden Streams sogar der Top-Song des US-Amerikaners.


Franz Liesenhoff

Franz Liesenhoff

Head of Editorial