Im Check: Das bleibt Festivalveranstaltern am Ende vom Ticketpreis übrig!

Im Check: Das bleibt Festivalveranstaltern am Ende vom Ticketpreis übrig!

Immer wieder werden zum Start der Ticketvorverkäufe der Festivals Stimmen laut, dass die Preise zu hoch und nicht gerechtfertigt sind. Die Kosten, die Veranstalter zu tragen haben, werden dabei aber selten bedacht. Wie viel Geld bleibt den Initiatoren vom Ticketpreis am Ende tatsächlich übrig? Wir haben die Antwort!

Besucher sind bereit, hohe Preise zu bezahlen

Dass Festivaltickets für Events wie das Tomorrowland in Boom viel Geld kosten, dürfte wohl klar sein. Man schaue sich alleine das Line Up, die Bühnenkonstruktionen und die aufwendige Dekoration des Festivals an. Dass einige Festivals jedes Jahr nach kurzer Zeit ausverkauft sind, zeigt, dass wohl die meisten Besucher bereit sind, viel Geld für dieses und andere Festivals zu bezahlen.

Trotzdem wird im Netz immer wieder darüber diskutiert, wie gerechtfertigt allgemein hohe Ticketpreise für Festivals sind. Grund genug für uns, einmal genauer zu schauen, wie viel dem Veranstalter am Ende von den Ticketeinnahmen bleibt. 

Randbemerkung: Kein Veranstalter veröffentlicht die Ausgaben für sein Festival. Aber es gibt allgemeine Kosten, die jedes Festival zu tragen hat. Wir versuchen daher mit Erfahrungswerten und genauen Schätzungen zu arbeiten. 

Das ist in euren Festivaltickets alles enthalten

Wir gehen an dieser Stelle einmal davon aus, dass ein Festivalticket (für drei Tage) ohne Camping etwa zwischen 150 und 200 Euro kostet. Das ist der ungefähre Durchschnitt der zehn großen nationalen und internationalen Festivals, die wir für euch zum Vergleich aufgelistet haben.

Von dieser Summe gehen in Deutschland zunächst 7 Prozent (10,50 Euro) Mehrwertsteuer ab. Weitere 10 Prozent (15 Euro) müssen an die Gema gezahlt werden. Hinzu kommt bei einigen Städten die Vergnügungssteuer (bis zu 20 Prozent, also 30 Euro).

Regenponchos und Festivalbändchen kosten etwa einen Euro pro Nase

Ein Festival wie Parookaville, das 80.000 Besucher anlockt, muss auch für schlechtes Wetter gewappnet sein: Alleine für die Regenponchos werden 0,50 Cent pro Nase fällig. Weitere 20 bis 50 Cent kostet das Festivalbändchen, das kein Festivalliebhaber missen möchte. 

Gut, nun könnte man sagen, dass die paar Cents es nicht machen. Aber es sind die vielen kleinen Beträge, die am Ende vom großen Ganzen abgezogen werden müssen. Und wie heißt es so schön: Kleinvieh macht auch Mist. 

Rechnen wir weiter. 

Eine beachtliche Summe fällt vor allem für die Infrastruktur des Festivals an: Die meisten Festivals finden auf leeren Flächen (Felder, Wiesen) statt, die das restliche Jahr kaum oder gar nicht genutzt werden. Die Gestaltung dieses Terrains ist aufwendig, man fängt bei 0 an. Um nur ein Beispiel zu nennen: Bei Festivals wie dem Mysteryland in der Niederlande werden hektarweise Holzplatten auf den Wiesenflächen verlegt.

Mitarbeiter müssen bezahlt werden 

Um all das zu planen und umzusetzen, braucht es Mitarbeiter, die ebenfalls Geld kosten. Parookaville etwa beschäftigt ganzjährig 26 Mitarbeiter in Vollzeit, wie Bernd Dicks, Mitveranstalter des Festivals, sagt. Man kann sich leicht ausrechnen, dass die 26 Gehälter insgesamt im sechs- oder sogar siebenstelligen Bereich liegen. Aber damit ist es nicht getan.

Schließlich kommen während des Festivals rund 4000 Mitarbeiter hinzu – Securities, Techniker, Veranstaltungsmeister und Viele mehr. Diese Arbeitskräfte müssen entlohnt werden, Nacht- und Wochenendzuschläge inklusive. Schnell kommt da eine Summe im Millionenbereich zustande. Die großen Festivals beginnen nicht nur wenige Tage vorher, sondern knapp einen Monat vor dem Festival mit den Aufbauarbeiten auf dem Gelände, die Kosten steigen also.

Bei der Rechnung noch gar nicht bedacht: Der Veranstalter muss immer Rücklagen bilden. Denn: Ein Festival kann beispielsweise aufgrund von Unwetter- oder Terrorwarnungen abgesagt werden. Klar, dagegen kann sich der Veranstalter versichern lassen. Aber die Versicherung kostet locker eine sechsstellige Summe, die ebenfalls vom Ticketpreis abzuziehen ist – ein guter Geschäftsmann plant das mit ein. Ein gewisses Risiko bleibt also immer.

Und nur mal nebenbei bemerkt: An der Campsite verdient der Veranstalter nichts, oftmals zahlt er sogar noch drauf. Warum? Ganz einfach! Bei den meisten Festivals muss die Campsite komplett neu angelegt werden. Das Mysteryland in der Niederlanden ist dafür ein gutes Beispiel. Dort wo der Campingplatz entsteht, ist die übrigen Tage des Jahres nur Feld und Wiese.

Toiletten, Duschen, Stromaggregate, Beleuchtung, Lautsprecher – all das wird eigens für das Festival angeschafft, auf- und wieder abgebaut. Hinzu kommen die Kosten für Abwasser und Kanalisation.

Normale Campingplätze kosten genauso viel Geld wie auf einem Festival

Zum Vergleich: Zwei Erwachsene mit einem zehnjährigen Kind zahlen in der Sommer-Hauptsaison 2017 durchschnittlich 28,54 Euro für eine Übernachtung auf einem deutschen Campingplatz der mittleren Kategorie (inklusive Nebenkosten) – das geht aus einem Preisvergleich des ADAC Campingführers 2017 hervor. Rechnet man das pro Nase runter fallen zwischen 10 und 15 Euro (Kinder zahlen in der Regel weniger) pro Nacht an. Für drei Tage wären das also zwischen 30 und 45 Euro.

Die deutschen Festivals (Parookaville, Airbeat One, New Horizons, SonneMondSterne und Viele mehr) wollen für das normale Camping zwischen 50 und 65 Euro pro Person für vier bez. fünf Nächte. Die Nebenkosten sind in den Preisen schon mit eingerechnet. Heißt: Das Übernachten auf einem Festival ist teilweise sogar günstiger, als auf einem durchschnittlichen Campingplatz der Bundesrepublik.

Aber zurück zur Rechnung des Ticketpreises

Viele Festivals setzen bei der Anreise zum Festival auf den ÖPNV. Das Festival muss die Kosten dafür tragen – auch das ist im Ticketpreis mit eingerechnet. Bei Parookaville etwa werden am Veranstaltungswochenende 30 Sonderzüge eingesetzt. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) stellt das mit einer fünfstelligen Summe in Rechnung.

Soweit, so gut. 

Mehr Sponsoren, günstigere Tickets? Nein!

Könnte man nicht mehr Sponsoren investieren lassen und so den Ticketpreis senken? Nein. Sponsoren sind ein wichtiger Teil eines jeden Festivals. Aber: Im Vergleich zu den anderen Einnahmen, die ein Festival generiert, ist das Sponsoring eine kleine Größe. Denn: Die Sponsoren sollten immer zur Identität des Festivals passen und man sollte als Besucher nicht das Gefühl haben, dass man mit Werbung überflutet wird.

Trotzdem, das wollen wir an dieser Stelle noch einmal betonen, sind Sponsoren für das Festival extrem wichtig: Hätten Festivals wie das New Horizons, Airbeat One oder auch das niederländische Festival Mysteryland keine Sponsoren, würden die Tickets mindestens 15 Euro mehr kosten.

Zwischen 5 und 10 Prozent der Gesamtfinanzierung des Festivals kommen aus dem Topf der Sponsoren – im Vergleich eine eher geringere Summe. 

DJs kosten das meiste Geld

Zu guter Letzt: Mit den höchsten Kosten schlagen wohl die DJ-Bookings zu Buche. Kein Veranstalter spricht gerne öffentlich darüber, wie viel die DJs für ihre Auftritte verlangen. Aber: Es ist wohl bekannt, dass Veranstalter dafür gerne mal ganz schön tief in die Tasche greifen müssen.

Die Kosten für Headliner liegen schnell im hohen fünfstelligen Bereich – der eine oder andere DJ berappt sogar eine sechsstellige Gage. Vereinzelt knacken Shows der größten Stars auch mal die Millionenmarke. Sind bei einem Festival mehr als 200 größere und kleinere DJs im Line Up, lässt es sich leicht ausrechnen, dass alleine die Kosten für die DJs auf der Mainstage schnell im hohen sechsstelligen Bereich liegen. Dass große Festivals mehrere Millionen für das Line Up ausgeben, ist eher die Regel als die Ausnahme.

Die European Festival Awards geben jedes Jahr eine Studie heraus, die Auskunft darüber gibt, wie alt Festivalgänger sind, wo sie übernachten, wie viel sie trinken und ausgeben, wie sie zum Festival anreisen, was sie neben der Musik besonders interessiert, wie sie auf Festivals aufmerksam werden und wann sie ihre Tickets kaufen. Darin sagen nur 21 Prozent, dass der Preis, für das, was einige Festivals bieten, zu hoch ist.

Kein unwichtiger Punkt ist am Ende nämlich die Tatsache, welches Image ein Festival hat und haben möchte. Wenn es viel bietet und einen gewissen Charme haben soll, kostet das!

Festival muss ohne Verpflegungseinnahmen finanziert werden können

Eine Weisheit in der Veranstaltungsbranche, besagt: Man sollte sein Festival ohne die Einnahmen aus Verkäufen von Essen und Getränken stemmen können. Denn: Kein Veranstalter weiß am Ende, wie viel die Besucher trinken und essen.

Nur mal nebenbei bemerkt: Das Image eines Festivals spielt heutzutage eine große Rolle – die Konkurrenz schläft schließlich nicht. Die meisten Veranstalter wollen, dass sich der Festivalbesucher wohl und fair behandelt fühlt. Utopische Getränkepreise gehören sich da nicht. Wer also auf faire Preise für die Besucher setzt, minimiert seinen Gewinn. Deutlich.

Fazit

Ticketpreise mögen manchmal übertrieben erscheinen. Allerdings sind die Kosten für ein Festivals wie SonneMondSterne oder auch das noch junge New Horizons am Nürburgring sehr hoch. Um ein Festival dieser Größenordnung auf die Beine zu stellen, braucht es Investitionen in Mitarbeiter, Line Up, Bühnen, Dekoration, Sicherheit und vor allem in Infrastruktur, die bei Ticketpreisen unter 150 Euro wohl kaum machbar wären.

Nichtsdestotrotz geht es Festivalveranstaltern finanziell weitaus besser, als einem durchschnittlichen Arbeitnehmer. Aber am Ende haftet der Veranstalter für alles, was auf dem Festival passiert und er ist immer dem Risiko ausgesetzt, dass das Festival nicht stattfinden kann – dafür zahlt er den wohl höchsten Preis.

Fotocredits: Rukes, New Horizons, Parookaville, Open Beatz

Schon gewusst?

Das teuerste Festivalticket der Welt gibt es Jahr für Jahr beim Secret Solstice Festival auf Island. Das Ticket gilt für 6 Leute und beinhaltet Hin- und Rückflug mit einem gecharterten Privatjet, eine Luxusunterkunft für die gesamte Festivalwoche und eine Privatparty mit einem Secret Solstice Headline-Artist. Außerdem dabei: Tägliche Verwöhnung mit luxuriösem Badezugang, personalisiertes Stylisten-Team, private Dinner mit prominenten isländischen Köchen, eine Hubschrauber-Tour und 24/7 Zugang zu persönlichen Fahrern, sowie alle üblichen VIP-Vorteile, eine voll ausgestattete Lounge und...Zugang zum Backstage. Naja, wer hat, der hat.


Katrin Fuhrmann

Katrin Fuhrmann