Skrillex hat ganz überraschend eine neue EP veröffentlicht. „hit me where it hurts x“ enthält Features mit Caroline Polachek, Dylan Brady von 100 gecs, Varg2™, Nakeesha und weiteren Gästen. Die fünf Tracks schlagen eine Brücke zwischen seinem aktuellen Sounddesign, Hyperpop-Kanten und seiner Bass-DNA.
So klingt die neue EP von Skrillex
US-Produzent Skrillex hat die Veröffentlichung seiner neuesten EP bewusst im Schatten gehalten. Einziger Hinweis war der am 14. November veröffentlichte Titeltrack – inklusive einer Entschuldigung danach, da für das Artwork ein nicht autorisiertes Foto verwendet wurde. Jetzt steht fest: Der Track war der Startschuss für ein komplettes Projekt, das stilistisch direkt an sein Album „F*CK U SKRILLEX YOU THINK UR ANDY WARHOL BUT UR NOT!!<3” aus dem April anknüpft, das aktuell für einen Grammy nominiert ist.
Die fünf Tracks der EP sind kein nostalgisches Zurückblicken, sondern eine Weiterführung seiner Phase von 2024/2025 – hybrid, ruppig, experimentell, hypermodern.
- „fuze“ (mit ISOxo) ist die aggressivste Nummer der EP: Trap-Bass trifft auf frühe Skrillex-Energie.
- „while you were sleeping“ (mit Virtual Riot & Nakeesha) ist strukturell nah an „Quest for Fire“, mit viel Sounddesign und wenig Schnörkel.
- „move ting“ (mit Moody Good & Nakeesha) ist ein Low-End-Schwergewicht mit klassischen Skrillex-Vocal-Chops.
- „hit me where it hurts x“ (mit Dylan Brady & Caroline Polachek) ist der poppigste Moment der Platte: Caroline Polacheks Melodik über experimentellem Brady-Wahnsinn.
- „voltage (see you again)“ (mit Varg2™ & Eurohead & LOAM & swedm® & Virtual Riot) ist ein kompletter Rebuild seines 2010er-VOLTAGE-Mythos, jetzt mit Hyperpop-inspirierten Vocals und emotionalem Drive.
Starke Momente, schwacher Zusammenhalt
Das Projekt zeigt einmal mehr, dass Skrillex die Hybridwelt aus Bass, Pop und avantgardistischem Club-Design inzwischen wie kein anderer beherrscht. Gleichzeitig macht die EP aber deutlich, wo seine aktuelle Phase ins Straucheln gerät: Die Detailarbeit im Sounddesign ist enorm, doch der rote Faden wird nicht konsequent durchgezogen.
Musikalisch wirkt „hit me where it hurts x” stellenweise wie ein Sammelbecken aus Sessions: brillant in Momenten, inkonsequent im Gesamtbild. „fuze” ist ein Volltreffer: aggressiv, pointiert und mit einer Wucht, die nur Skrillex und ISOxo gemeinsam hinbekommen. „move ting” trägt diese Energie weiter, „while you were sleeping” fällt dagegen deutlich ab – technisch perfekt, aber ohne tatsächlichen Spannungsbogen. Der Track klingt eher wie ein technisch beeindruckender Baukasten als wie ein fertiger Song.
Das Titelstück mit Caroline Polachek und Dylan Brady ist das stilistische Zentrum und eine Zäsur zugleich: mutig, verspielt, hypermodern. Allerdings ist es so weit vom Rest der EP entfernt, dass der Flow endgültig bricht. Wer hier eine stimmige Dramaturgie erwartet, erhält stattdessen eine lose Sammlung von Ideen, die teils spektakulär, teils austauschbar wirken.
Im Kontext seines Gesamtwerks bleibt die EP somit ein Nebenarm, kein Hauptriff: stark produziert, voller spannender Ansätze, aber kein Release, das die Szene in Bewegung setzt. Skrillex experimentiert weiter – manchmal mit chirurgischer Präzision, manchmal mit blindem Aktionismus. Unterm Strich ist die EP hörenswert, aber kein Statement. Wenn er 2026 wirklich wieder einen Ton setzen will, braucht es mehr Fokus und weniger Fragmentierung.
Fotocredit: Nakeesha

Franz Beschoner
Head of Editorial / franz@djmag.de




