Kommentar: Was wir aus Hardwells Rücktritt lernen müssen!

Kommentar: Was wir aus Hardwells Rücktritt lernen müssen!

Erst vor wenigen Tagen gab Hardwell unerwartet bekannt, nicht mehr auf Tour gehen zu wollen – er nehme sich eine Auszeit. Für den DJ der Superlative ist das kein Problem, denn gerade er ist einer derjenigen, der sich einen Rücktritt wortwörtlich leisten kann. Für viele andere DJs ist das leider nicht der Fall.

Hardwell sagt dem Tourleben adé

„I want to come back stronger than ever, but for now, I’m just going to be me for a while.“, so beendete Hardwell sein Statement zu seinem Rücktritt aus der EDM-Szene. Er brauche Zeit für sich und wolle einfach wieder mehr Robbert anstatt Hardwell sein. DJ Ikonen wie Armin Van Buuren, oder Laidback Luke unterstützen den Landsmann bei seinem Vorhaben und zollen ihm Respekt für seine Entscheidung. Vermutlich gerade deswegen, weil die EDM-Szene erst vor kurzem den Tod einer der wohl größten DJs der Welt einbüßen musste…

Doch ist der mediale Rummel um den “Spaceman”-Interpreten aufgrund seines Abschieds denn wirklich gerechtfertigt, zumal viele andere DJs Ähnliches durchmachen und nicht einfach mal so Stop sagen können?

Hardwell

Sonderbehandlung? 

Hardwell ist nur einer unter vielen Turntabledrehern, die täglich mit Stress oder einem harten Tourleben konfrontiert sind. Für tausende DJs, die es noch nicht so weit nach oben geschafft haben, gibt es keine Möglichkeit auf den Pausenknopf zu drücken. Sie müssen weiter machen, selbst wenn Körper und Kopf mehrfach nein sagen und das Burnout bereits an der Haustüre klopft. 

Überdies kostet Pause machen im DJ Business auch eine Menge Geld. Wer nicht tourt oder nicht produziert, dessen Portemonnaie ist leer. Robbert van de Corput kann sich als einer der bestverdienenden DJs zurücklehnen und entspannen. Sein finanzieller Polster fängt ihn auf. Doch DJs, die gerade erst am Anfang ihrer Karriere stehen, können sich dieses Privileg nicht herausnehmen, geschweige denn ihr Tourleben an den Nagel hängen. Mit dem billigsten Flugticket geht es ab zum nächsten Gig und dann geht das Spiel wieder von vorne los.

Es steht wohl außer Frage, dass das Wohlbefinden eines jeden DJs – ob erfolgreich im Business oder nicht – an oberster Stelle steht. Dennoch erscheint es schade, dass wieder nur einmal das Leid der Großen dem Diskurs in der EDM-Szene dient. Dass es noch genug andere DJs gibt, die täglich dieselbe Misere wie Hardwell und Co. erfahren, interessiert wenige. Genau so wenig wie die Tatsache, dass deren finanzielle Lage ein einziges Roulettespiel ist und es keine großen Plattenlabels gibt, die sie auffangen.

Vielleicht würde es daher ab und zu nicht schaden, auch diesen Helden der Nacht Gehör zu schenken und ihnen Platz für ihre Sorgen zu geben – schließlich teilen “große” und “kleine” DJs dasselbe Schicksal. Geht auch nicht immer nur zu den Gigs der größten DJs, gebt euren Support auch mal den etwas Kleineren. Das hilft ihnen mehr, als viele denken!

Fotocredits: Rukes, Hardwell

Wusstest du schon...!?

Laut einer Studie der britischen Zeitung The Guardian sind die meisten DJs vor allem vom Tourleben geschafft. Angststörungen, Schlaflosigkeit, sowie chronischer Schlafmangel seien nur ein paar der Nebeneffekte des ständigen Tourens. Überdies leide vor allem auch das Sozialleben durch die berufliche Belastung stark.


Marie Kaltenegger

Marie Kaltenegger