Kommentar: Meine Erfahrungen auf dem Soundstorm Festival & auf der XP Music Futures

Kommentar: Meine Erfahrungen auf dem Soundstorm Festival & auf der XP Music Futures

Dieser Artikel ist ein Kommentar zu meinen Erfahrungen und Erlebnissen während der größten Musikwoche Saudi-Arabiens: MDLBEAST hat Ende November die XP Music Futures sowie das Soundstorm Festival veranstaltet. Der Artikel trägt mit Sicherheit auch politische und gesellschaftliche Züge, womit ich mich in meiner Position zwar auf unbekanntes Parkett begebe, dieses Risiko ist mir der Austausch mit der Leserschaft und der Darstellung meiner Erfahrungen aber wert.

Wie Musik und Pop Kultur progressive Prozesse vorantreibt und die Menschen verbindet

Katar. WM. Skandale. Besonders seit dem vergangenen Winter sind die Assoziationen mit den Ländern des Nahen Ostens geprägt von negativen Gedanken: von großen sozialen Ungerechtigkeiten, Profitgier und für uns medial aus der Distanz nicht überblickbarer Probleme.

Aber der Nahe Osten ist keine kleine Region. Saudi-Arabien ist eines der wirtschaftlich potentesten Länder dieser Umgebung. Das muslimisch geprägte Land hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Wandel hingelegt und befindet sich immer noch in einer fortwährenden kulturellen und gesellschaftlichen Findungsphase.

Doch welche Überschneidung gibt es zur elektronischen Musik und Festivals?

Der Ursprung der elektronischen Musik liegt in Rebellion, Auflehnung, Unkonventionalität und dem Verlangen sich von Systemen freizumachen.

Über eine Woche hinweg war es mir erlaubt, in Saudi-Arabien mit Menschen zu sprechen, die Kultur kennenzulernen, eine wahnsinnig aufwendige Festivalproduktion zu bestaunen und im Rahmen der XP Music Futures spannende Einblicke in die internationale Musikindustrie mit Blickwinkel auf unerschlossene Wachstumsmärkte zu erhalten. Diese progressiven Gedankengänge und eine gesellschaftliche Veränderung von innen heraus sind es, die vielen jungen Menschen in der Region das Festival so unglaublich wichtig macht.  

MDLBEAST Soundstorm Festival

Immer bestrebt, einen differenzierten Blick auf die Sachlage zu haben, sprechen einige Dinge auf dem Event oberflächlich gesehen für sich:

Das Line-up? DJ Khaled, Busta Rhymes, Swedish House Mafia, Post Malone, Bruno Mars, David Guetta, Tiësto, Hardwell, Eric Prydz, DJ Snake, Carl Cox, Solomun, Sven Väth, Future, Rick Ross, T.I., Peggy Gou – die Liste könnte ewig fortgeführt werden. 

Die Bühnen sind gigantisch, ebenso die Besucherzahl: 650.000 Personen an drei Tagen. Das Essensangebot ist ebenfalls enorm, es liegt nirgendwo Müll, es gibt Sitzgelegenheiten ohne Ende sowie Fotospots und spannende Sponsoren. Die Teams der Produktion, Video-Crew oder auch Presse sind größtenteils alles etablierte Unternehmen, die aus dem Westen „eingekauft“ wurden, um das Event mit ihrer Expertise voranzutreiben. Die Stage-Designs im Undergroundbereich, wo größtenteils die Techno- und House-Acts auftreten, sind allesamt durch rustikale industrielle Container geprägt und mit Graffitikunst verziert.

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Ein Beitrag geteilt von Soundstorm Music Festival (@mdlbeast.soundstorm)

Das Festival macht kein visuelles Storytelling, wie man es von Parookaville, Tomorrowland oder dem EDC gewohnt ist. Soundstorm schafft es, sich durch seine ganz eigene Herangehensweise darzustellen und zu positionieren.

Saudi-Arabien als relevanter Zukunftsmarkt 

Wer sich mit dem Land auseinandergesetzt hat, weiß, hier herrscht absolutes Alkoholverbot. In der westlichen Welt gehört der Alkoholkonsum beim Feiern wie selbstverständlich dazu. Was macht das Alkoholverbot also mit den Menschen auf einem Festival im Nahen Osten? Es ist keine Zurückhaltung in der Euphorie zur Musik zu spüren. Im Gegenteil: In westlichen Ländern – gerade auch in Europa – ist der Markt so übersättigt und die Menschen so viel gewohnt, dass man das Gefühl hat, ihre Schwelle zur Freude liegt sehr viel weiter oben. Das ist hier in Saudi-Arabien nicht der Fall: Man hat das Gefühl, die Menschen konsumieren die Musik deutlich intensiver. 

Das knüpft hervorragend an die XP Music Futures an, bei der neben Speakern aus dem Artist-Bereich (u. a. Hardwell, DJ Khaled) auch Industry-Professionals wie Mathew Knowles (Vater von Beyoncé und demnächst im Interview bei uns) oder Amy Hester Thomson (ehemalige Managerin der Swedish House Mafia, mit der wir ebenfalls ein Interview geführt haben), aber auch Arabian Prinnce (Gründungsmitglied NWA) oder Watse de Jong (Management Martin Garrix / STMPD) dabei waren. Die Dichte an Wissen und wirklich relevanten Informationen, die diese Personen zur Musikwelt beitragen, ist überwältigend. Selbst öfter mal als Speaker eingeladen und auf vielen Events dieser Art vor Ort muss ich gestehen, dass ich selten so viel Input mitgenommen habe.

Sehr interessant war hier zu sehen, wie auf internationaler Business-Ebene der Nahe Osten und besonders Saudi-Arabien als relevanter Zukunftsmarkt gehandelt werden und bereits etablierte Managements mit starken Expansionsstrategien in diesen Raum hineintreiben.

Mein ganz persönliches Fazit

Abgesehen davon war die Kulinarik des Landes und vieles an Historie natürlich äußerst bereichernd für den eigenen Lebenshorizont. Genau so bereichernd wie die Gespräche mit den Menschen vor Ort. 

Wie eingangs bereits erwähnt, ist der gesellschaftliche Kontext unglaublich schwierig einzuordnen. Human Rights Watch hat 2021 hierzu bereits in einem Artikel wesentliche Dinge, die im Land passiert sind, erneut kritisiert und im Kontext der Veranstaltung Künstler dazu aufgerufen, Stellung zu beziehen. Und auch ich muss ganz klar sagen, dass ich nicht alle Situationen im Land immer angenehm fand. Im Gegenteil: Es war für mich gelegentlich auch äußerst unangenehm, daran erinnert zu werden, welche Situationen parallel zur Unterhaltungssituation ebenfalls vorherrschen.

Doch die Gespräche mit den Menschen vor Ort haben in mir die Frage geweckt, wer ich bin darüber zu urteilen, welche Relevanz dieses Event für eine Generation vor Ort hat und in welcher Geschwindigkeit sich eine Kultur und ein Land wandeln kann – darf – sollte.

Ich kann nur so viel mitgeben, dass es für mich eine der interessantesten Wochen meines Lebens war und der Musik-Fan in mir mit großer Begeisterung all diese Erlebnisse erfahren hat.

Ich halte es für Menschen aus dem B2B-Bereich für empfehlenswert, sich intensiv mit diesem Kosmos auseinanderzusetzen, für die Fans der Musik denke ich wird es noch einige Jahre dauern, bis auch vermehrt westliche Personen hier einen eigenen Zugang finden. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt und vielleicht findet der ein oder andere das Event auch jetzt bereits spannend.

Ich als Privatperson habe versucht, die erlebten Dinge einzuordnen und bin gespannt, wohin sich das Land und besonders auch das Festival in den nächsten Jahren entwickelt wird.

Fotocredit: MDLBEAST

Interessant!

Saudi-Arabien ist gar nicht mal so günstig. Ist der Euro ca. 4 Saudi-Riyal wert, so kostet doch z. B. ein Burger auf dem Festival gut 20-25€. Ein Cold Brew Coffe kostet auch mal eben 8€ .


Robin Jagielski

Robin Jagielski