Am 24. Juli 2010 endete die Loveparade in Duisburg in einer Tragödie: 21 Menschen verloren ihr Leben, über 650 wurden verletzt. 15 Jahre später bleibt das Gedenken – und die Verantwortung der Szene, aus dem Unglück zu lernen.
Was bleibt und was sich verändert hat
Am 24. Juli 2010 erlebte die elektronische Musikkultur in Deutschland einen tiefen Einschnitt. Die Loveparade, die einst für Gemeinschaft, Freiheit und wummernde Bässe stand, endete an diesem Tag in Duisburg in einer Katastrophe: 21 Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren starben im Gedränge, über 650 wurden verletzt, viele davon schwer und traumatisiert. In den Jahren danach nahmen sich mindestens sechs Überlebende das Leben.
Der eigentliche Unglücksort war eine Rampe, die gleichzeitig als Ein- und Ausgang diente – ein Nadelöhr, das sich zunehmend mit Menschenmengen aus verschiedenen Richtungen füllte. Laut Ermittlungen befanden sich zu Spitzenzeiten über 10.000 Menschen gleichzeitig im Tunnel- und Rampenbereich, das entspricht sieben Menschen pro Quadratmeter. In dieser hohen Dichte entstanden unkontrollierbare Wellenbewegungen, es kam zu Quetschungen, Panik und Stürzen mit tödlichen Folgen.
Die Katastrophe und die juristische Leerstelle
Die Katastrophe wurde später akribisch rekonstruiert. 184 Verhandlungstage lang wurden Zeugen gehört und Gutachten erörtert. Ein Urteil gab es jedoch nie. Im Jahr 2020 wurde das Verfahren schließlich eingestellt. Der Vorsitzende Richter sprach von einer „Katastrophe ohne Bösewicht“. Verantwortlich sei eine Vielzahl von Umständen gewesen, darunter ein für die erwartete Menschenmenge ungeeignetes Gelände.
Die Loveparade wurde nach dem Unglück dauerhaft eingestellt. Doch ihr Schatten bleibt bis heute bestehen. Für die Szene war das Ereignis ein Wendepunkt: Sicherheitskonzepte wurden überarbeitet, Zuflüsse wurden kontrollierter geplant und die Behörden wurden sensibilisiert. Und auch das Bewusstsein in der Community hat sich verändert. Denn was damals geschah, hat sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt.
Das Erinnern wandert weiter
Zehn Jahre lang hat die Stiftung „Duisburg 24.7.2010“ Hinterbliebene unterstützt, ihnen bei Behördengängen geholfen, bei der Suche nach Therapieplätzen und beim Erinnern. In diesem Jahr hat sich die Stiftung aufgelöst, da der Bedarf zurückgegangen sei. Nun liegt es an der Stadt Duisburg, das Gedenken weiterzutragen. Die jährliche „Nacht der 1000 Lichter“ fand am Mittwochabend wohl zum letzten Mal statt.
Auch das Gelände verändert sich: Auf dem lange ungenutzten Areal soll ein neues Stadtquartier entstehen. Die Unglücksstelle soll jedoch erhalten bleiben. Die zwischenzeitlich verengte Rampe soll in ihren damaligen Zustand zurückgebaut werden und als Teil einer ruhigen Parkanlage als Ort der Erinnerung dienen.
Für die, die nicht mehr tanzen können
Heute, 15 Jahre später, gedenken wir der 21 Menschen, die an diesem Tag nicht mehr nach Hause kamen. Und wir erinnern uns daran, dass Ravekultur mehr ist als Ekstase und Exzess. Sie steht auch für Achtsamkeit, Verantwortung und den Willen, aus Fehlern zu lernen.
Wir vergessen nicht, was war, und tanzen für all jene weiter, die es nicht mehr können.
Fotocredit: Arne Müseler / www.arne-mueseler.com, Lp2010 pano-2, schwarz-weiß, CC BY-SA 3.0 DE

Franz Beschoner
Head of Editorial / franz@djmag.de