Kommentar: Jammert nicht rum, liebe Künstler, und seid fair!

Kommentar: Jammert nicht rum, liebe Künstler, und seid fair!

Immer wieder trennen sich Künstler von ihrem Management oder andersrum. Während von Künstlerseite dabei manchmal richtig nachgetreten wird, wird den Managern oft zu unrecht vorgeworfen, es nur aufs Geld abzusehen. Dabei sollten doch Dankbarkeit, Fairness und Respekt in einer Künstler-Management-Beziehung an erster Stelle stehen. Ein Kommentar von Katrin Fuhrmann.

Mehr als Business: Die wahre Dynamik zwischen Künstlern und Managern

Wenn junge, aufstrebende Künstler in ihrer Karriere den nächsten Schritt gehen wollen, ist die Suche nach einem Management meist die logische Konsequenz. Manchmal ist es aber auch andersherum: Manager werden auf Künstler aufmerksam. Sie sehen Potenzial im jeweiligen Act und gehen dann ALL IN.

ALL IN meint in den meisten Fällen, vor allem dann, wenn der Künstler noch keinen Hit und kaum Bookings hat, dass sie nicht bezahlt werden.

Die meisten Manager verdienen in den ersten zwei Jahren nichts. Stattdessen bieten sie dem Künstler Netzwerk, Austausch, Chancen, Orientierung, Rat und so viel mehr. Sie sind quasi 24/7 für den Künstler da, pushen ununterbrochen, manchmal erfolgreich, manchmal weniger. Aber sie arbeiten, jeden Tag. Weil sie natürlich wissen, dass wenn der Act funktioniert, sie irgendwann mitverdienen. Trotzdem bleibt bei jedem neuen Act ein Risiko für den Manager und seine Firma. Wird der Act nicht erfolgreich, war es für den Manager, rein wirtschaftlich betrachtet, eine Fehlinvestition.

Martin Garrix ist traurig
Foto: Rukes

Zwischen Künstler-Jammern, Manager-Verdiensten und der Kunst der Teamarbeit

Ja, es mag immer Ausnahmen geben. Aber ich kann das Rumgejammere mancher Künstler (national und international) nicht mehr hören, weil es schlichtweg einfach nicht stimmt, was da teilweise behauptet wird.

Dass Manager irgendwann auch mal mitverdienen wollen, ist nicht verwerflich. Im Gegenteil.

Man kann sich darüber streiten, ob es fair ist, wenn sich Manager mit auf Songs schreiben. Aber, wenn ein DJ wirklich „nur“ auflegen kann und keinerlei Produktions-Skills hat und der Manager von Song bis Produktion alles anliefert, ist es dann nicht gerechtfertigt, ihm einen Teil des Kuchens abzugeben? 

Man gewinnt und verliert immer als Team. Und es ist ganz normal, dass man sich in einer Artist-Manager-Beziehung nicht immer einig ist. Es gibt manchmal unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Ansichten. Und das ist auch ok. Es ist auch okay, wenn irgendwann eine der beiden Seiten, keine Lust mehr auf eine Zusammenarbeit hat, weil es menschlich „oder so“ nicht mehr passt. Das ist überall im Leben so. Menschen wechseln ihre Jobs, ihre Partner, ihre Interessen.

Was aber nicht okay ist, Manager ständig vorzuwerfen, dass sie immer nur das Geld wollen, ihnen die Künstler egal sind, oder sie nichts machen. Die schlimmste Aussage, die ich aber immer wieder höre, ist dieses pauschalisierenden „die sind alle gleich.“ Was ein Schwachsinn. Ehrlich.

Überangebot, Absagen und die unsichtbare Arbeit der Manager

Ein Beispiel aus der Fußballwelt: Wissen Künstler eigentlich, dass manche Fußballvereine hunderte Meetings haben, bis sie einen geeigneten Sponsor finden? Sie kassieren, bevor der eine große Sponsor zusagt, etliche von Absagen. Sie rennen so viele Türen ein, aber am Ende bleiben die meisten Türen verschlossen. Weil es sowohl im Fußball, als auch in der Musik, ein Überangebot gibt.

Es gibt so viele Künstler, aber gemessen an der Anzahl der Acts, gibt es zum Beispiel nicht genügend Slots auf Festivals. Heißt: Ein Manager bekommt Absagen. Dutzende, jeden Tag. Auf eine Zusage, einen Gefallen, kommen doppelt so viele Absagen und bad News im Postfach des Managers an.

Nur sehen das die Künstler nicht, weil sie sich oft für die Größten halten und Künstler untereinander sich das genauso oft auch widerspiegeln. Da ist kein Platz für Kritik, kein Platz für Absagen, kein Platz für schlechte Neuigkeiten. 

Gleichzeitig werden die vielen Stunden Arbeit, alle Meetings, Calls usw. nicht gesehen. Es zählen nur Ergebnisse. Wie stellen sich das manche Künstler eigentlich vor? Denken sie wirklich, dass die Welt da draußen nur auf sie gewartet hat? Ich betone noch mal: Es gibt ein Überangebot. 

Selbst ein Superbooker oder Veranstalter macht oft nicht nur einen Call, sondern 3,4, bis ein Booking wirklich safe ist.

Und schaut man sich mal an, wie viele Künstler richtig groß und erfolgreich sind, ist das auch hier, gemessen an der Anzahl der Künstler, ein so geringer Anteil, um genauer zu sein, weniger als 5 %.

Martin Garrix in der Sonne
Foto: Rudgr

Ihr gewinnt und verliert zusammen

Wie gesagt, Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich will hier nicht sagen, dass es da draußen keine schlechten Manager gibt. Die gibt es bestimmt. Genauso wie es schlechte Ärzte, Anwälte, Busfahrer, Fußballer usw. gibt. Ich kenne aber sehr viele Manager, die sich jahrelang – sorry – den Arsch aufgerissen haben, und nichts als Undankbarkeit und Respektlosigkeit gegen den Kopf geknallt bekommen und sich am Ende in irgendwelchen Rechtsstreitigkeiten mit ihren Künstlern wiedersehen, psychisch am Ende und gebrochen.

Weil, was ja oft auch vergessen wird: Hier arbeiten Menschen miteinander. Eine Artist-Manager-Beziehung ist nicht einfach nur ein Kunden/Dienstleistungsverhältnis. Es ist oft eine Freundschaft, eben weil man alle Höhen und Tiefen gemeinsam erlebt. Vergesst das nicht.

Also liebe Künstler, versucht mal, euch in eure Manager hineinzuversetzen. 

Seid dankbar, seid respektvoll und vergesst nie: Ihr gewinnt und verliert zusammen.

Und liebe Manager: Ich fühl’ euch alle so. Ich weiß, manche Künstler sind nicht einfach und leider wird unsere Arbeit nicht immer gesehen, weil viel im Hintergrund passiert. Habt aber bitte auch Verständnis dafür, dass das Game da draußen nicht easy ist und der Druck für Künstler unheimlich hoch ist.

Und an beide Seiten: Wenn’s nicht mehr geht, trennt euch, aber bleibt bitte, bitte fair und verhaltet euch nicht wie kleine Kinder, denen der Luftballon geplatzt ist. 

Fotocredit: Jacob Morch


Katrin Fuhrmann

Katrin Fuhrmann